Horizont ist überbewertet
Ich fahre durch das Klettgau. Jetzt im Herbst liegt die Erde mit offenem Blick vom Pflügen aufgerissen.
Die Felder sind leer geräumt. Einzig vertrocknete Sonnenblumen stehen noch.
Dürr, stumm, schwarz braun, mit hängenden Köpfen zeugen sie von der Vergänglichkeit. Ich sehe sie als surreales Gemälde, fühle Beklemmung ob der verlotterten, elenden Schattengestalten.
Da erinnere ich mich dem Gedanke von Werner Schneyder. Er meint, man müsse sich früh mit dem Sterben befassen, damit man lange etwas davon hat.
Noch kann der Himmel warten.
Jetzt ist wieder überall Chilbi oder Mäss. Dort geht man hin und schiesst auf Herzen und kauft sich Zuckerwatte.
Auf der Terrasse blasen die Winde das Laub zu raschelnden Haufen. Ein neues Jagdgebiet für meine Katzen. Wie Derwische drehen sie sich darin im Kreis.
Die Nächte werden kühler. Die Winde lauter und heftiger. Ich mag ihr Chutten und Blasen. Ich mag den Herbst und die Frankfurter Buchmesse mit den vielen Neuerscheinungen in den Buchläden. Eintauchen und Abtauchen in Geschichten, in Wörtern und Gedanken. Eindrücke konservieren. Wie man Quitten oder Birnen einkocht, in Gläser füllt, damit man noch lange etwas von ihnen hat.
Auf dem Herd schmort das Blaukraut.
bernd
22. Oktober 2016 @ 14:04
“ Noch kann der Himmel warten“ Denkst du er wartet auf dich? Nachdem du die Blumen der Sonne als lottrige Gestalten bezeichnet hast?
Ich befürchte die Hölle ist interessanter…
Doris Helm Steiger
22. Oktober 2016 @ 14:42
Du meinst, wir würden uns dann treffen, dort in der Hölle? Hoffentlich hat es dort auch eine ordentliche
Schreibwerkstatt.