Du söttsch na Bohne abfädle
So der Ruf meiner Mutter. Jeden Samstag im August. Widerstand konnte nicht mal angedacht werden. In meiner Kindheit wurden Strafen für legitime pädagogische Mittel angesehen und Selbststeuerungs-Kompetenzen waren meinen Eltern nicht mal als Fremdwort bekannt.
Wie gut, musst du auch Dinge tun, die Du nicht willst. Sie können Türen öffnen. Meine führte zum wunderbar duftenden Topf. Voll gefüllt mit grünen Bohnen, Härdöpfeln und gespickt mit kleinen Speckwürfeln. Bis heute mein zweitliebstes Sommeressen, das nur übertroffen wird von Mutters Härdöpfelsalat. Sicher, Dürrenmatt hat Entscheidenderes formuliert, trotzdem liebe ich sein heiteres Aufseufzen “Wänn i dänn emal tot bin, dänn will i en ganze Sarg voll Härdöpfelsalat.“
Heute hat auf dem Markt viel für grüne Bohnen gesprochen. Bohnenkraut gab es von der Marktfrau obendrauf in den Korb. Beim Knoblauch durfte ich mich zwischen Elefanten- und gewöhnlichem Knoblauch entscheiden. Ich war überrascht. Ich trage ein neues blaugrünes Elefantenkleid und schon wird der passende Knoblauch dazu angepflanzt.
Ohne Fäden wachsen sie heute, die Buschbohnen. Beim Entfernen der Stielansätze vermisse ich das Kinderspiel der geschickten Hand die den längsten Faden zieht. „Die Fäden ziehen“ und „Alle Fäden fest in der Hand halten“ eine lockendes und zugleich gefährliches Geschehnis.
Während dem Nichtmehrfädeln springen meine Gedanken. Vom Fädeln zur Häutung. Zurück in die 70er Jahre. Zum Roman „Häutungen“ von Verena Stefan. Zur Bibel der damals neuen Frauenbewegung.Hauptthema des Buches ist das Erleben von Sexualität der Ich-Erzählerin.
Ob beim Häuten der Zwiebel oder beim Fädeln der Bohnen, Bücher habe ich zum Fressen gerne.